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blue, 25. Mai 2004 um 18:55:27 MESZ
Irakischer Staatsfeminismus anno 1970
Der reglementierte Staatsfeminismus, der sich in den 1970ern herausbildete, stieß auf Widerstand von gesellschaftlichen Gruppierungen, die von der Staatsführung unterdrückt wurden. Hierzu zählte die Ende der 1950er gegründete Partei Islamischer Ruf (al-da’wa al-islamiyya), die dem Entstehen einer schiitischen Identität Rechnung trug, welches aus dem Bewusstsein kontinuierlicher Unterordnung und Ungleichbehandlung der schiitischen Bevölkerungsgruppen im Osmanischen Reich und dem irakischen Nationalstaat entstanden war. Der Islamische Ruf vertrat eine religiöse Richtung unter der vor allem von säkularen Kräften geprägten Oppositionsbewegung und trat dafür ein, die Forderung nach gesellschaftlichen Reformen mit einem religiösen Bekenntnis zu vereinbaren. In ihrem Programm unterstrich die Partei die Gleichwertigkeit der Geschlechter, betonte aber zugleich, dass komplementäre Rollen von Frauen und Männern in Familie und Gesellschaft einhergingen mit den durch die schari’a für die Geschlechter unterschiedlich festgelegten Rechte und Pflichten.
Die engen Grenzen der gelenkten Modernisierung ba’thistischer Prägung wurden insbesondere bei den 1978 und 1980 vorgenommenen Änderungen des Personenstandsrechts deutlich, welches Ehe- Familien- und Erbrecht umfasst. Bei den Reformen gelang es der Allgemeinen Förderation der Irakischen Frauen nicht, die Rechte von Frauen im Bereich des Familiengesetzes zu stärken. Weiterhin gründete das Familienrecht auf dem religiösen islamischen Recht, der schari‘a, das nach üblicher Lesart die Ungleichheit der Geschlechter in diesen Bereichen festschrieb. Die Regierung rechtfertigte die äußerst begrenzte Reichweite der Reformen mit Verweis auf die Gegenwehr religiöser Notabeln und konservativer Kreise. Daher profitierten Frauen nur in geringem Maß von den Änderungen. So wurden erzwungene Ehen weitgehend verboten und die Möglichkeiten für Frauen, eine Scheidung zu erlangen, ausgeweitet. Demgegenüber vermochte es der Staat in Form richterlicher Gewalt, die teilweise der Gewalt des männlichen Vormunds über weibliche Familienmitglieder übergeordnet war, die paternalistischen/patriarchalen Privilegien von männlichen Familienmitgliedern auf Kosten des Selbstbestimmungsrechts von Frauen einzuschränken. [Martina Kamp]
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