. digitale Gräben


 


digitale Gräben


Einer jüngst veröffentlichten Untersuchung der Uno zufolge gab es im Jahr 2002 etwa 600 Millionen Internet-Nutzer; in diesem Jahr soll sich die Zahl auf 900 Millionen erhöhen. Der Zugang ist jedoch ungleich verteilt. 18 Länder, die meisten in Afrika, sind praktisch offline. Es scheint, als seien wir unterwegs in eine Zwei-Drittel-Gesellschaft: Auf der einen Seite glänzt eine Wissenselite, die all die neuen Techniken beherrscht und Karriere macht. Auf der anderen Seite wächst im Schatten des Wissenswohlstands ein digitales Proletariat, das nicht mithalten kann. ... Auch die Muslime zwischen Tanger und Dhaka zählen nicht zu den bestinformierten Staatsbürgern. Information gilt in vielen arabischen und afrikanischen Ländern als Herrschaftswissen. Der Netzzugang unterliegt zum Teil restriktiven Bestimmungen. Schätzungen zufolge besitzen im Nahen und Mittleren Osten von rund 400 Millionen Menschen derzeit vier bis fünf Millionen einen Internet-Anschluss. Trotzdem ist das Internet vor allem für Jugendliche eine attraktive Informationsmöglichkeit. Dafür sorgen insbesondere Internetcafés, die wie Pilze aus dem Boden schießen. ... Auch im reichen Westen sollte die Vernetzung benachteiligten Menschen neue Chancen verschaffen. Und tatsächlich hat sich die digitale Kluft hier verringert. So verfügen in den USA Arme und Einwanderer zunehmend über Computer und Internet-Zugang. ... Eine weitere beunruhigende Entwicklung: Rechercheure und Forscher, die für ihre Arbeit auch auf Zeitungsdatenbanken angewiesen sind, sehen sich mit schwindenden Textbeständen konfrontiert. Der Grund dafür ist eine höchstgerichtliche Entscheidung, der zufolge Online-Veröffentlichungen extra vergütet werden müssen. Um Honorar-Nachforderungen zu entgehen, haben Verlage damit begonnen, die Artikel freier Mitarbeiter aus ihren Datenbanken zu entfernen. Und die nächste Barriere wird gerade errichtet - eine ökonomische Hürde. Immer mehr kostenlose Dienste im Internet werden eingestellt oder in gebührenpflichtige Angebote umgewandelt. Während die Gefahr einer digitalen Spaltung auf der technischen Ebene - Computerbesitz und Netzzugang - langsam schwindet, wird mit der Ausbreitung des Bezahl-Web eine neue Front eröffnet: Cash oder Trash - hochwertige Informationen für die einen, billige, werbegetränkte Infos für die anderen.
Peter Glaser in der WamS (registrierungsflichtig aber kostenlos)


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